Diskussion pädagogisch orientierte digitale Schulentwicklung

Big Blue Button

Big Blue Button

von Sabine Otter -
Anzahl Antworten: 3

In Bayern - und damit auch an meiner Schule - wird im Moment MS Teams favorisiert. Ist Big Blue Button en Open Source Programm, das dafür auch bezüglich Datenschutz eine Alternative wäre?

Antwort: Big Blue Button

von Daniela Küllertz -
Der Big Blue Button ist Open Source und hier in Moodle eingebaut, genauso wie JITSI. Der BBB eignet sich für größere Gruppen. Neben desktop-Sharing, Aufzeichnungen ist sehr viel möglich. Eine kurze Beschreibung findest du hier: https://moodle.bildung-lsa.de/liga/course/view.php?id=230#section-7 ... Mit den News sende ich erhalten die Mooc-Teilnehmenden in Kürze eine Einladung für ein Montagstreffen im Mooc im BigBlueButton. Carsten Burkhardt hat uns hier beide Videokonferenzoptionen eingebaut.

Antwort: Big Blue Button

von Carsten Burkhardt -
Sicher haben proprietäre Lösungen für Telekonferenzlösungen wie Teams ihre Nische. Das Angebot ist groß (Google Hangouts, Skype for Business, Adobe Connect, GoToMeeting, ezTalks Meetings, Cisco webEX, UberConference, Talky.io, join.me, TeamViewer blizz, Anymeeting, Yack.net… oder auch Zoom). Diese müssen in der Schule sicher nicht zum Einsatz kommen.
Dafür gibt es viele Gründe:

Es ist proprietär und nicht quelloffen. Somit ist es unabhängigen Sachverständigen nicht möglich, zu prüfen, was das Produkt neben dem vermeintlichen Nutzen für ungewollte Dinge macht (trojanische Pferde, Vermarktung der Nutzerdaten).

Es ist zwar für einige Betriebssysteme verfügbar. Jedoch müssen Pakete mit unbekanntem Inhalt installiert werden. Das System kann somit kompromittiert werden.

Für diese Installation braucht man womöglich Adminrechte, die hat nicht jeder Nutzer. Diese schließt man von der Teilhabe aus.

Da es nicht für alle Betriebssysteme verfügbar ist, diskriminiert man automatisch jene, welche sich für andere Betriebssysteme entschieden haben.

Die verlockende kostenlosen Angebote kennt man auch vom Drogendealer-Modell und dealen ist an den Schulen nicht erwünscht.

Da es von einem amerikanischem Anbieter kommt, sind deren Versprechen ohne Wert:
https://www.heise.de/news/EuGH-kippt-EU-US-Datenschutzvereinbarung-Privacy-Shield-4845204.html

Ein solches Produkt von außerhalb der EU und der DSGVO könnte negative Konsequenzen haben:
https://www.heise.de/news/Datenschutzbeauftrage-zum-Privacy-Shield-Nutzer-koennen-Schmerzensgeld-verlangen-4848003.html

Zeitgemäße Videokonferenzlösungen benötigen nur ein aktuelles Betriebssystem und Webbrowser. Dadurch sind sie in der Regel sofort einsatzbereit, ohne das erst etwas installiert werden muss.

Jene bedienen sich offenen standardisierten Protokollen wie WebRTC.

Diese gibt es auch mit voller Freiheit (nutzen, studieren, verändern, weitergeben) als open Source.

Durch diese Freiheiten können diese durch jeden, der sich berufen fühlt, auf dessen Servern installiert werden und bereitgestellt werden. Jene, zu denen man das geringste Misstrauen hegt, sollte man dann auswählen. Das könnte beispielsweise der Landesbildungsserver, eine Uni, jemand gemeinnütziges oder man selbst sein.

So ist es kein Wunder, dass oft mit Moodle beispielsweise Big Blue Button oder/ und Jitsi als Videokonferenzlösung angebunden sind (wie hier im Mooc auf machmitnetz).

Nicht unerwähnt möchte ich lassen, dass man gelegentlich bei Verzicht auf das Video sich auf die Sprache als kleinsten gemeinsamen Nenner reduzieren kann. Dann können auch jene daran teilhaben, die beispielsweise kein Datenvolumen, kein Empfang (LTE, HSDPA), keinen Computer aber ein Telefon und bestenfalls eine Sprachflatrate haben.

Einem Ideal von sozialer Durchlässigkeit, Datenschutz, Teilhabe sind meines Erachtens mit proprietären Verlockungen weniger möglich als mit den freien Lösungen. Mit dieser Meinung bin ich nicht auf verlorenem Posten:
https://www.kuketz-blog.de/kommentar-microsoft-google-apple-und-co-aus-bildungseinrichtungen-verbannen/
In Parteiprogrammen und digitaler Agenta hat das Primat für open Source ebenfalls Einzug gehalten. Lasst uns voran gehen!

Antwort: Big Blue Button

von Carsten Burkhardt -
Ein Vorteil von Open Source ist, dass man mit entsprechendem Know-How diese Lösungen anpassen, ergänzen und verschiedene Dinge miteinander verbinden kann. Man kann auch über verschiedene Wege zum Ziel gelangen. Diese Vielfalt wird gelegentlich als störend empfunden (bei 100 Joghurtsorten verzichtet mancher, weil er sich nicht entscheiden kann).
Daraus ergibt sich, dass beispielsweise Moodle nicht etwas monolithisches ist. Je nach dem, kann man mehr oder weniger Funktionalität, Sicherheit, Stabilität, Herzblut reinstecken. Auf der offiziellen Seite https://moodle.org/plugins/index.php werden über 1700 Erweiterungen angeboten. Es besteht so die Möglichkeit beispielsweise Jitsi über eine solche Erweiterung anzubinden oder Jitsi als Teil eines Themas in Moodle zu integrieren. Viele Dinge sind somit nicht integraler Bestandteil, sondern den jeweiligen Geschmacksrichtungen/ Erfordernissen/ Ressourcen angepasst.
Da Big Blue Button oder Jitsi eigenständige Lösungen sind, laufen diese auf extra Servern die je nach Auslastung auch reichlich dimensioniert ausfallen können. Das begründet sicher, warum einige Zuständige in den Bundesländern Videokonferenzlösung abschalten oder zukaufen. Hier im Mooc haben wir versucht, zum Kennenlernen einige verschiedene Dinge zu zeigen. So nennen sich Big Blue Button oder Jitsi beide Videokonferenzlösung, diese fühlen sich aber anders an, setzen die Dinge anders um, haben zusätzlich auch wieder Chat oder Etherpad drin.
Natürlich kann jemand auch unsichere oder datenschutzbedenkliche Dinge anbinden. So wird in anderen Umgebungen der Datenschutz sehr lax genommen oder es werden ganz andere Präferenzen verfolgt. Das wird recht deutlich, wenn man die häufige Anbindung von proprietären Diensten aus der Statistik zur Kenntnis nimmt.
Technik ist Dualuse. Du kannst aus Kernenergie elektrischen Strom gewinnen oder Menschen vernichten.
Wir wollen hier zeigen, wie man DSGVO-konform und mit freier Software viel leisten kann, was im Schulhaus auch ankommt. Man könnte Videos bei großen Streamingplattformen ablegen und hier einbetten. Das ist weiterhin technisch möglich. Wir wollen aber zeigen, dass es auch anders geht und wir weder die Videos, noch Telekonferenz oder gemeinsame Dokumentbearbeitung (Collabora oder Etherpad) auf externe Dienste verweisen. Quellenverweise führen gelegentlich nach extern zwinkernd

Ich gehe mal weiter…
Wie Moodle mit über 1700 Erweiterungen die vielfältigen Möglichkeiten aufzeigt, so gibt es noch größere Beispiele, die hier gelegentlich zur Sprache kommen.

So kann man bei OpenWRT aus über 3700 Paketen wählen.

Debian beispielsweise ist die Grundlage für Puavo. Debian stellt über 50-tausend Pakete bereit. Die Kunst ist, diese sinnvoll auszuwählen und miteinander zu verknüpfen. So sind aus der Menge von Debian in Puavo ca. 4000 Pakete auserwählt und um aus Kundenwunsch resultierende auch proprietäre Dinge erweitert.
Ähnlich verhält es sich beim Lernstick, Linuxmuster oder Univention. Diese haben jedoch andere Aufgaben und Ziele. Insofern hat die Software neben der technischen eine ungeheuerlich große soziale Komponente.

Es ergibt sich daraus, dass eine Aussage wie "xyz taugt nicht für unsere Anforderung" nur in diesem Falle so wahrgenommen wird ansonsten aber nicht zutreffen.
Eine ungünstige Auswahl und Parametrisierung von Soft- und Hardware hat Ursachen und Folgen, die oft missgedeutet werden. Zugegeben ist es alles andere als leicht, da den Durchstieg zu behalten. Was der eine als belegbare Tatsache wahrnimmt ist für den anderen nur ein Trugschluss aus Unkenntnis. Ich hoffe, dass unsere Einsatz für freie Software und Bildung im Interesse der Allgemeinheit ist und wenig schädliche Nebenwirkungen hat.

Freie Software oder die Freiheit als solches ist eben nicht für lau, sondern fordert die Gesellschaft auch. Ich denke, es wäre die richtige Richtung. Da gibt es viele Ansätze um eine nachhaltige Hard- und Software - für eine bessere (IT-)Welt.